Gesättigte Fettsäuren und kardiovaskuläres Risiko – Zeit für eine neue Betrachtung
- jensschauberger
- 6. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Die Wissenschaft rund um gesättigte Fettsäuren und deren Einfluss auf die Herzgesundheit entwickelt sich stetig – ältere Ernährungsempfehlungen stehen zunehmend auf dem Prüfstand. In den vergangenen Jahrzehnten prägte die sogenannte „Fetthypothese“, wonach gesättigte Fettsäuren das LDL-Cholesterin erhöhen und das Risiko für Herzkrankheiten steigern, die Leitlinien. Doch was sagt die aktuelle Forschung?
Die Hypothese und ihre Entwicklung
Ursprünglich wurde in Studien wie der Framingham- und der Seven Countries Study beobachtet, dass ein erhöhter Konsum von SFA mit höheren Cholesterinwerten korreliert. Daraus entstand die Empfehlung, weniger Fett, insbesondere weniger gesättigten Fettsäuren, zu konsumieren. Über die Jahre kamen aber immer mehr Studien hinzu, die keine direkte Verbindung zwischen SFA-Konsum und kardiovaskulärer Sterblichkeit zeigen konnten. Der Fokus auf einzelne Nährstoffe vernachlässigt zudem die komplexe Zusammensetzung von Lebensmitteln und die unterschiedlichen biologischen Wirkungen verschiedener Fettsäuren.
Biologische Vielfalt statt pauschaler Verurteilung
Nicht alle gesättigten Fettsäuren wirken gleich: Während beispielsweise einige Fettsäuren aus Milchprodukte mit einem niedrigeren kardiometabolischen Risiko verbunden sind, zeigen andere – etwa Palmitinsäure – eine Assoziation mit Stoffwechselstörungen. Außerdem entstehen bestimmte problematische gesättigte Fettsäuren nicht nur durch Ernährung, sondern auch durch den Stoffwechsel selbst, besonders bei Insulinresistenz und hohem Kohlenhydratverzehr.
Blutlipide als Risikomarker – ein Paradigmenwechsel
Lange Zeit wurde LDL-Cholesterin als Hauptindikator für Herz-Kreislauf-Risiko betrachtet. Heute rückt jedoch das Non-HDL-Cholesterin und ApoB in den Vordergrund, da diese Parameter genauer die atherogenen (gefäßschädigenden) Partikel im Blut widerspiegeln. Studien zeigen, dass Maßnahmen zur Senkung des LDL-C durch Ernährung nicht unbedingt zu einem geringeren Herz-Kreislauf-Risiko führen.
Was zeigen die klinischen Studien?
Metaanalysen und große Kohortenstudien konnten mehrheitlich keinen Zusammenhang zwischen hohem Konsum von SFA und einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall nachweisen. Teilweise zeigte sich sogar eine inverse Beziehung – etwa zwischen Milchfettsäuren und Kardiometabolischem Risiko. Für fermentierte Milchprodukte und dunkle Schokolade ist ein potenziell schützender Effekt dokumentiert.
Bedeutung der Nahrungsmatrix
Menschen essen keine isolierten Fettsäuren, sondern komplexe Lebensmittel. Die Wirkung eines Lebensmittels auf die Gesundheit hängt von den vielen enthaltenen Komponenten und deren Zusammenspiel ab. So zeigen Studien, dass der Konsum von natürlichen Milchprodukten, Eiern oder unverarbeitetem rotem Fleisch nicht zwangsläufig das kardiovaskuläre Risiko erhöht. Die pauschale Bewertung von Nahrungsmitteln nach dem Gehalt an SFA ist daher kritisch zu sehen.
Präventionsstrategien: Mediterrane Ernährung und mehr
Die besten Ergebnisse für die Herzgesundheit bietet ein ausgewogenes Ernährungsmuster – wie die mediterrane Ernährung – mit vielfältigen, möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln. Die Rolle von Phytosterinen ist komplex und wird kontrovers diskutiert.
Die aktuelle Evidenz spricht dagegen, gesättigte Fettsäuren pauschal als Risikofaktor für Herzkrankheiten zu bewerten. Die Effekte einzelner Lebensmittel auf das Gesamtrisiko sollten in ihrer Komplexität betrachtet werden, inklusive des individuellen Stoffwechsels und genetischer Unterschiede. Die besten Resultate erzielen eine Ernährung, die sich an ganzen, nährstoffreichen Lebensmitteln orientiert – wie viele moderne Ernährungsblogs zeigen (Kardiovaskuläres Risiko neuer Blick).
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